Hallo Tobias, vielen Dank, dass du dem Interview zugestimmt hast. Können Sie uns ein paar Informationen zu Ihrer Person geben und uns erzählen, wie Sie mit der Fotografie angefangen haben?
Vielen Dank für die Möglichkeit. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und vertraue sehr auf meine Intuition. Ich bin jetzt 42 Jahre alt und habe einen 5-jährigen Sohn, der natürlich einen großen Teil meines Lebens ausmacht. Ich interessiere mich für Psychologie, Kunst und liebe Kaffee.
Am wohlsten fühle ich mich, wenn ich Bücher lese, wandere, klettere oder mich durch Städte treiben lasse und vor allem fotografiere. Fotografisch bin ich in der Streetphotography zuhause, aber auch Landschafts- und Portraitfotografie liegen mir sehr. Wer meine Bilder kennt, sieht wenig Tageslicht und wenn, dann nur in Kombination mit Nebel.
Das liegt daran, dass mein Alltag sehr laut ist. Ich habe viel mit Menschen zu tun, habe die meiste Zeit meines Lebens in Frankfurt verbracht, also in einer großen, lauten und hektischen Stadt. Deshalb hat mich immer die Nacht angezogen, da ist es ruhiger, die Luft frischer, die Stadt leiser, und genauso ist es mit den Nebeltagen. Beides verkleinert die Welt, macht sie für mich erträglicher. Vielleicht bin ich etwas überempfindlich, aber gerade das macht mich aufmerksamer. Trotzdem bin ich immer gerne mit engen Freunden unterwegs und selten allein. Ich schätze den Austausch mit Gleichgesinnten einfach sehr und das bereichert mich ungemein.
Erste Berührungspunkte mit der Fotografie hatte ich sicherlich schon in frühester Kindheit, da sowohl mein Vater als auch meine Großeltern künstlerisch tätig waren und dies unter anderem auch mit Fotografie. So richtig bewusst wahrgenommen habe ich das Medium aber erst während meiner Ausbildung zum Designer. Hier hatten wir in der Schule ein ganzes Fotolabor, ein Fotostudio und einen sehr guten Lehrer.
Das Ergebnis war ein eigenes Fotobuch, vom ersten Bild bis zum selbst gebundenen Buch. Ein Erlebnis, das mir bis heute in Erinnerung geblieben ist und mich immer noch begeistert. In der Lebensphase nach der Ausbildung hatte ich dann lange Zeit nichts mehr mit Fotografie zu tun, bis ich 2017 meine alte Kamera im Keller wiederfand und neugierig war, ob das noch etwas für mich ist.
Auf Ihrer X-Seite (ehemals Twitter) schreiben Sie darüber, wie sehr Sie Fuji-X-Kameras genießen. Was macht sie Ihrer Meinung nach zu einer guten Kamera zum Fotografieren?
Durch meinen Job sitze ich schon viel am Computer und war damals auch ziemlich gut in Designprogrammen und auch in Photoshop mit Bildbearbeitung. Als ich 2017 wieder mit der Fotografie angefangen habe, musste ich mich erst wieder einarbeiten, habe aber schnell gemerkt, dass mir die Bildbearbeitung nicht so viel Spaß macht, ich bin lieber draußen und mache Fotos. Also habe ich angefangen, meine Portraitsets so aufzubauen, dass ich wenig nachbearbeiten musste und dann habe ich die Fuji XT-4 gefunden und mehr über die eingebauten Filmsimulationen und Einstellungen gelernt. Das war sensationell.
Ich habe viel Zeit damit verbracht, mehr darüber zu lernen und zu experimentieren, bis ich die Einstellungen gefunden oder besser gesagt getroffen hatte, die mich extrem nahe an das Endergebnis brachten, das ich haben wollte. Ich war sogar in der Lage, direkt in jpg zu fotografieren, ohne den Computer benutzen zu müssen. Perfekt für mich, da ich den Fokus dort setzen konnte, wo ich ihn haben wollte, nämlich beim Fotografieren. Seitdem bin ich ein Fan der Fuji-Kameras. Außerdem haben sie den Vorteil, dass sie ideal zum Wandern sind. Wetter- und wassergeschützt, nicht zu schwer und auch nicht zu teuer und trotzdem professionelle Ausrüstung. Außerdem haben die Fuji-Kameras diese super schöne Ästhetik, die an analoge Kameras erinnert, da macht das Fotografieren noch mehr Spaß.
Ihre Fotos sind eine Mischung aus Straßenfotografie, Porträts und Landschaftsfotos. Für mich haben sie etwas Schönes und Ruhiges an sich – jedes einzelne erzählt eine Geschichte. Haben Sie ein Lieblingsgenre und wie haben Sie Ihren Fotografiestil entdeckt?
Ich bin ein bisschen unschlüssig, ob ich von Straßen- oder Landschaftsfotografie sprechen soll, aber ich denke, es ist Landschaftsfotografie. Ich liebe einfach das Wandern und in Kombination mit der Fotografie fühlt es sich für mich immer wie ein großes Abenteuer an, vor allem wenn das Wetter mitspielt. Das Wandern in den Alpen oder im Wald gibt mir noch mehr, als in der Stadt auf Entdeckungsreise zu gehen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich öfter in der Stadt bin, denn Wandertouren erfordern immer etwas mehr Vor- und Nachbereitung.
Mein Stil, das war ein ziemlicher Leidensweg, in dem sehr, sehr viel steckt. Man kann es sich sehr schwer machen, einen Stil zu finden, so wie ich. Ich wusste lange Zeit nicht so recht, wo mich die Fotografie hinführen würde, habe viel ausprobiert, zu viele Einflüsse mit einfließen lassen, insbesondere habe ich hier auch Social Media nicht zu meinem Vorteil genutzt und zu wenig auf meinen eigenen Geschmack geachtet. Ich musste eigentlich erst einmal auf die Bremse treten. Ich hatte mich so weit von mir selbst entfernt, dass mir das Fotografieren richtig weh tat. Ich musste immer mehr und immer längere Pausen einlegen.
Dann habe ich meinen Instagram-Account gelöscht und vor ca. 4 Jahren, nach einer langen Pause, angefangen, mich ganz neu aufzustellen. Hier habe ich auch mit Hilfe von befreundeten Fotografen, dem einen oder anderen Coaching zu mir selbst gefunden. Auch Twitter und NFT sind in dieser Zeit in mein Leben getreten und ich habe auf Twitter die Community und die Menschen gefunden, die ich schon immer gesucht habe. Menschen, die mehr mit Kunst und künstlerischer Fotografie zu tun haben. So konnte ich einen neuen, viel schöneren Weg einschlagen.
Ein Weg, auf dem ich gelernt habe, was mir eigentlich gefällt, was ich selbst will und dann auch nach und nach gelernt habe, mit welchen Techniken ich das umsetzen kann. Dadurch konnte ich mich gezielter inspirieren lassen und weniger auf die Bilderflut in den sozialen Medien hören.
Das ist ein bisschen die Kurzfassung. Ich glaube, es hat mich auch extrem weitergebracht, dass ich in den letzten Jahren immer mehr über mich selbst gelernt habe. Ich habe mich wieder mehr mit Psychologie und Emotionen beschäftigt und das spiegelt sich natürlich auch in meiner Fotografie wieder.
Das ist eine wirklich großartige Fotografie – sie hat alle Elemente: perfekte Beleuchtung, tolle Komposition. Können Sie uns mehr über dieses Bild erzählen: Wo haben Sie es aufgenommen und welche Emotionen löst dieses Bild bei Ihnen aus?
Vielen Dank für das wirklich tolle Feedback. Das Bild beschreibt mich und meine Fotografie sehr gut. Vor diesem Bild hatte ich eine wirklich anstrengende Woche und einen noch anstrengenderen Tag. An dem Abend, an dem das Bild entstanden ist, hatte ich so viel Frust in mir, so viele negative Emotionen, eigentlich so viel von allem, dass ich gar nicht gehen wollte. Aber ich habe tolle Freunde, die mich an dem Abend motiviert haben, doch rauszugehen und zu fotografieren. Ich mache expressive Fotografie, also Fotografie, in der ich mich ausdrücken kann.
An diesem Abend war es das erste Foto, das ich gemacht habe und meine Intuition hat mich an diesem Ort gehalten, weil mir der Übergang von völliger Dunkelheit zu einer hellen U-Bahn-Station so beschreibend für meine eigenen Emotionen an diesem Abend erschien. Aber es fehlte eine Person, keine bestimmte, nur irgendeine zufällige Silhouette, mit der ich mich in die Szene integrieren konnte. In der Straßenfotografie ist das Warten ein wesentlicher Bestandteil, und so wartete ich, bis eine Person genau an der richtigen Stelle ins Rampenlicht trat. Ich wollte unbedingt, dass sich das Licht der Schilderbeleuchtung über der Person ausbreitet, und um die Beleuchtung des Bahnhofs zu verstärken, benutzte ich eine Straßenlaterne, die links einen Glow-Effekt und mehr Helligkeit erzeugte.
Nachdem dieses Bild im Kasten war, waren meine negativen Gefühle verschwunden. Die Zeit des Wartens, die Vorfreude auf diese Szene, die frische Luft und meine Freunde, all das hat aus vielen negativen Gefühlen etwas sehr Schönes gemacht. Dieses Bild ist nun eines von vielen, das mich immer wieder daran erinnert, dass negative Emotionen nicht von Dauer sind und man sie immer wieder selbst ins Positive umwandeln kann. Es ist für mich wie ein tiefes Durchatmen.
Was denken Sie über NFTs und wie werden sie Ihrer Meinung nach die Zukunft der Fotografie prägen?
NFT ist aufregend. In erster Linie sah ich hier die Chance, Gleichgesinnte zu treffen und meine Kunst zu monetarisieren. Dazu muss man sagen, dass der Printmarkt in Deutschland nicht sehr ausgeprägt ist. Bilder digital zu verkaufen ist daher eine sehr willkommene neue Entwicklung. Warum das Ganze aber nur in Verbindung mit Crypto funktioniert hat, ist mir ein Rätsel. Ich bin jetzt seit ca. 3 Jahren dabei und muss mittlerweile sagen, dass es sehr speziell ist und es eigentlich wieder mehr um Marketing, Gruppierungen, FOMO und Hype geht, als um die Kunst an sich. Aber gut, es ist verständlich, Sammler wollen im Idealfall nicht nur anspruchsvolle Kunst, sondern auch einen Wert. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, dass hier nichts wirklich Neues entstanden ist, die Regeln sind immer noch die alten, nur dass das Angebot noch viel größer und die Nachfrage noch kleiner ist, oder sagen wir, die Nachfrage ist spezieller. In der Zukunft könnte NFT wirklich viele positive Innovationen schaffen, aber ich denke, das wird noch sehr, sehr lange dauern, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel in Deutschland viele Menschen das Internet noch nicht verstanden haben. Hinzu kommt die Hürde der Kryptowährungen, die NFT noch weiter einschränkt. In der Zeit, in der ich NFT mache, habe ich mehr Geld defür bezahlt, dass meine NFT Steuern korrekt gemacht werden, als ich durch NFT eingenommen habe.
Es ist einfach alles viel zu kompliziert. Da hilft es auch nicht, wenn sich die Szene selbst feiert oder neue Ideen kreiert. Wenn die Regulatoren hier weiter stur bleiben und sich nicht richtig darum kümmern, wird NFT eine Randerscheinung bleiben und nie den Massenmarkt erreichen. Und da die Behörden schon gemerkt haben, dass sie die fetten Jahre verschlafen haben, versuchen sie natürlich in erster Linie so viel Geld wie möglich aus der Szene herauszuholen. Das merkt man und das bremst natürlich den Fortschritt. Aber NFT kann trotzdem weiter existieren und sich weiterentwickeln und das hoffe ich auch. Die Szene ist spannend, die Ideen sind sehr gut und in einer zunehmend digitalen Welt ist die Tokenisierung von Kunst, um sie zum Beispiel zu lizenzieren, ein Weg, der sehr viel Potenzial hat. Außerdem hat jede Kunstszene ihre Besonderheiten. NFT als eine dieser Kunstszenen zu sehen, verleiht dem Ganzen einen ganz besonderen Charme.
Meine letzte Frage, bevor ich Sie wieder zum Fotografieren überlasse :) – Wenn jemand heute mit dem Fotografieren anfängt, worauf würden Sie ihm raten, sich beim Fotografieren zu konzentrieren und darüber nachzudenken?
Das ist ein sehr guter Punkt. Heutzutage wird man, sobald man sich für Fotografie interessiert, mit Kameramodellen, Objektiven, Beleuchtung, KI-gesteuerten Belichtungsmessern und so weiter überschwemmt. Es gibt so viel auf dieser technischen Seite, dass viele sich erst einmal überfordert fühlen und sich dann der Technik hingeben und die ersten Jahre damit verschwenden, die ideale Ausrüstung zu finden. Aber ideal wofür? Auf diese Frage haben die wenigsten eine Antwort. Ein Tipp, den ich daher gerne gebe, ist, die ganze Technik auszublenden und sich erst einmal eine günstige gebrauchte Kamera oder eine Allroundkamera zu kaufen.
Das Wichtigste ist, sich selbst zu finden, Achtsamkeit zu lernen, sehen zu lernen. Einen eigenen Geschmack entwickeln, herausfinden, was einem Spaß macht. Rausgehen und viele Fotos machen, bis man das erste Foto hat, auf dem man sich selbst sieht. Von da an kann die Entwicklung beginnen. Hier sollte man aber nicht in den Vergleich mit den Bildern in den sozialen Medien gehen, sondern sich selbst weiter verbessern. Irgendwann weiß man dann vielleicht auch, welche Kamera man wirklich braucht und so kann man sich Stück für Stück verbessern und den eigenen Geschmack mit präziser Inspiration verbessern. Unter anderem sind auch Gespräche mit anderen Fotografen sehr inspirierend und helfen sehr bei der eigenen Entwicklung. Es ist auch eine gute Idee, sich einen Mentor zu suchen, der einem hilft, aufmerksamer zu sein.